Großbauten

    Der Potsdamer Platz

    Wie Phoenix aus der Asche

    Was soll man von einem Platz halten, den es eigentlich gar nicht geben dürfte? Erst lag er außerhalb der Stadt, dann wurde er von ihr verschluckt. Einige Jahre verschwand er völlig von der Bildfläche, um dann wie Phoenix aus der Asche, strahlender denn je wieder aufzuerstehen. Wirkliches Zentrum – ob im politischen oder historischen Sinne – war er zwar nie, eher eine Art Anlaufstation für Berlin-Besucher, immer schon vom Provisorischen geprägt. Mehr Kreuzung und Verkehrsknotenpunkt als ein Platz im klassischen Sinne. Zumeist war er von Baustellen beeinträchtigt, die nicht eben zum Verweilen einluden.
    Dennoch hat er sich in den letzten Jahren wieder zu einem großen Anziehungspunkt entwickelt. Berlin-Touristen besuchten die spektakuläre Großbaustelle in der Mitte der einstmals geteilten Stadt, die Einheimischen selbst wollten wissen, wie sich ihr neuer, alter Platz entwickelt. Nach und nach wurden die ersten Bauabschnitte fertiggestellt. Während man bereits in den Arkaden einkaufen konnte, gähnten nur wenige Meter weiter noch riesige Baugruben, über die der Autoverkehr auf einer provisorischen Brücke floss. Solch spektakuläre Einblicke in die Eingeweide der Stadt waren natürlich nur ein vorübergehendes Phänomen in den Jahren unmittelbar nach der Wiedervereinigung der Stadt.

    Der erste U-Bahnhof Berlins entstand am Potsdamer Platz

    Diese verborgene Welt unter dem Pflaster, jenseits der öffentlichen Anlagen von U- und S-Bahn, ist indes bis heute nicht gänzlich verschwunden. Der erste wirkliche U-Bahnhof Berlins wurde hier 1902 eingeweiht, obgleich dessen Original-Standort schon seit langer Zeit etwas weiter nach Osten hin verschoben worden ist. In Blickweite des Potsdamer Platzes lag die einstige Machtzentrale des Deutschen Reiches, mit der Alten Reichskanzlei in der Wilhelmstraße und der Neuen Reichskanzlei in der Voßstraße. Quasi bis zum Brandenburger Tor reichte der Blick über weitgehend unbebaute Grundstücke der sogenannten Ministergärten. Darunter aber konzentrierte sich die vermutlich dichteste Bunkerwelt der ehemaligen Reichshauptstadt.
    Albert Speer war als sogenannter Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt (GBI) für deren Entstehung federführend verantwortlich. Kein Ministerium in der Wilhelmstraße, keine Parteidienststelle und auch keine sonstigen Behörden blieben hier ohne ihre eigene Luftschutzanlage. Es entstanden Bunkeranlagen für die NSDAP-Gauleitung Berlin, für das Reichspropagandaministerium, das Reichsluftfahrtsministerium, das Reichsverkehrsministerium, für das Rüstungsministerium, eine Bunkeranlage unter der ehemaligen Villa von Joseph Goebbels und seiner Familie, sowie – natürlich – der sagenhafte Führerbunker mitsamt weiteren Objekten dieser Art für die Reichskanzlei. Stolpersteine in eine düstere Vergangenheit, die allesamt nach und nach bei folgenden Zeitwenden und Umbrüchen neuen Gepflogenheiten und Moden weichen mußten und müssen, zuletzt noch der Goebbels-Bunker für das im Jahre 2005 vollendete Holocaust-Mahnmal.

    Mauerbau und Wiedervereinigung

    Durch den Bau der Mauer 1961 fiel der Potsdamer Platz jahrzehntelang in einen albtraumhaften Dornröschenschlaf. Auch die unterirdischen Verkehrsanlagen teilten dieses Schicksal. Der U-Bahnhof verkam zu einer Art provisorischen Abstellkammer, die nur den wenigen BVB- (BVG-Ost-) Mitarbeitern zugänglich war; der S-Bahnhof mutierte zu einem surrealen Geisterbahnhof; die S-Bahnzüge fuhren hier mit Schritttempo durch, Staub wurde nicht gewischt, um Fluchtversuche frühzeitig zu entdecken. Unter den Bahnsteigen verborgen: ausgeklügelte Alarmsysteme. Obgleich U- und S-Bahn schon seit Mitte der neunziger Jahre den Potsdamer Platz wieder unterfuhren, dauerten die Wiederaufbauarbeiten bis weit in das 21. Jahrhundert hinein. Noch 2001 strahlte dieser einst verkehrsreichste Bahnhof etwas von dem morbiden »Charme« der nun auch schon wieder seit bald zwei Jahrzehnten vergangenen Mauerzeiten aus. Diese und weitere Untergründe am Potsdamer Platz harren auf ihre Entdeckung. Die mythenumwitterten und legendären Vergnügungsstätten wie etwa das Haus Vaterland, die Cafés, Kinos und Fernbahnhofpaläste gehören dagegen bis auf wenige Reste heute unwiderruflich der Vergangenheit an. Neue Konsumtempel sind an ihre Stelle getreten, der Potsdamer Platz pulsiert wieder heftigst, oben wie unten.
    Das für eine Großstadt unentbehrliche infrastrukturelle Versorgungsnetz (Kanalisation, Wasser-, Gas- und Elektroleitungen) wurde am Potsdamer Platz in den vergangenen zehn Jahren komplett runderneuert. Auch Berlins untergründigstes Bauwerk, der 380-Kilovolt-Stromtunnel der BEWAG (inzw. Vattenfall) in 35 Metern Tiefe, passiert vom Umspannwerk Mitte den Platz in unmittelbarer Nähe in Richtung Friedrichshain.

    So kann man von hier aus nun wieder ungehindert eine faszinierende Zeitreise in die dunklen Welten Berlins antreten.

    Autor: Ingmar Arnold, Stand 20. Dezember 2008

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