Die Geschichte der gebauten Berliner Unterwelt ist, im Gegensatz zu Paris oder Moskau, noch sehr jung. Der hohe Grundwasserstand und alte eiszeitliche Ablagerungen sind die Ursache dafür, daß erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in tiefere Bodenschichten vorgedrungen werden kann. Das Berliner Zentrum liegt im Warschau-Berliner Urstromtal, eine ehemals sumpfigen und morastigen Niederung. Gräbt man hier ein Loch, erreicht man bereits nach zwei bis drei Metern das Grundwasser. Aber vor allem unberechenbare Schichten aus Faulschlamm, Torf- und Moorböden und auch feine, kaum tragfähige Schwemmsandschichten, die wie unterirdischer Treibsand wirken, machen hier bis heute alle Bauvorhaben zu einem schwierigen Unterfangen.
Die Brauereien sind die »Pioniere« des Berliner Untergrundes. Sie errichten bereits ab 1840 die ersten größeren unterirdischen Bauten vor allem am Prenzlauer Berg und am Kreuzberg. Nur hier können bis zu 18 Meter tief gelegene Lagergewölbe für die Gärung und Kühlung des Bieres erbaut werden, ohne mit dem Grundwasser in Berührung zu kommen.
Der Aufbau eines städtischen Wasserversorgungssystems beginnt 1852, an der Kanalisation baut man ab 1873. Dies ist dringend notwendig, da die hygienischen Verhältnisse katastrophal sind und die Abwässer ungeklärt in Flüsse und Kanäle geleitet werden. Cholera- und Typhusepidemien sind die Folge. 1876 gehen nicht nur die ersten Kanalisationsabschnitte in Betrieb, auch die Berliner Rohrpost wird zur schnelleren innerstädtischen Nachrichtenverbindung dem öffentlichen Betrieb übergeben. Knapp fünf Jahre später erfolgt der Aufbau des Telefonnetzes, doch der Beliebtheit der Berliner Stadtrohrpost tut dies keinen Abbruch. 1888 schließlich wird die erste elektrische Straßenbeleuchtung eingeschaltet – um 1895 dann ist das Gros aller städtischen Versorgungsleitungen endlich unter der Erde.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg erfolgt 1871 die Reichsgründung. Berlin, die neue Reichshauptstadt erlebt daraufhin einen nie gesehenen Bauboom. Die Einwohnerzahlen verdoppeln und verdreifachen sich, die Stadt wächst rasch weit über ihre alten Grenzen hinaus. Da die Bodenpreise stark ansteigen, werden nun auch Grundstücke im Bereich verfüllter Wasserläufe und ehemaliger Morastgebiete bebaut. Bei größeren Bauwerken kommt in Berlin daher oft die Methode der sogenannten Pfahlgründung zur Anwendung. Dicht an dicht werden dabei Holzstämme teilweise bis zu 15 Meter tief eingerammt, bis sie schließlich einen tragfähigen Baugrund erreichen. Erst auf diesen Pfählen errichtet man dann die eigentlichen Fundamente. So steht beispielsweise die Sohle der Kuppel des Reichstagsgebäudes auf 2232 solcher Pfähle, die mit Dampframmen in den Untergrund getrieben wurden, um den Baugrund zu stabilisieren.
Auch die Verkehrsströme verlagert man teilweise unter die Erde. Um die verstopften Straßen zu entlasten, treten Ende des 19. Jahrhunderts die beiden Elektrokonzerne AEG und Siemens gegeneinander an, um in Berlin ein unterirdisches Verkehrsnetz aufzubauen. Die AEG will schon 1891 den Berliner Untergrund mit einer Röhrenbahn nach Londoner Vorbild in großer Tieflage durchziehen und erbaut sogar die ersten beiden Versuchstunnel, den AEG-Versuchstunnel und den Stralauer Spreetunnel, die seinerzeit innovative Meisterleistungen darstellen. Letztlich verbucht aber der Siemens-Konzern im Jahr 1899 den Zuschlag für die U-Bahn. Am Potsdamer Platz erhält Berlin seinen ersten U-Bahnhof, der am 18. Februar 1902 eröffnet wird.
Durch die Einführung neuer Bautechniken kann der städtische Untergrund bald noch intensiver genutzt werden. Viele Geschäftshäuser und Hotels, die nach dem Ersten Weltkrieg im Innenstadtbereich entstehen, verfügen neben dem normalen Kellergeschoss über einen Tiefkeller, in dem Haustechnik und Lagerräume untergebracht sind. Bestehende Gebäude werden von ihren Eigentümern zudem oft mit einer zweiten Kellerebene nachgerüstet. Schon damals sind die Investoren gezwungen, aus wirtschaftlichen Gründen ihre Grundstücke möglichst optimal zu nutzen. Die Erweiterung der unterirdischen Kapazitäten wird nun durch den Einsatz moderner Baumethoden mit Grundwasserabsenkungen fast überall möglich.
Die Entwicklung Berlins wird immer wieder durch politische oder wirtschaftliche Einschnitte unterbrochen. So hinterlassen die Folgen des Ersten Weltkrieges und ab 1930 die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise ihre Spuren in Form unvollendet gebliebener Tunnelanlagen im märkischen Sand. Nach der Überwindung der Inflation setzt Mitte der 20er Jahre ein regelrechter Tunnelboom ein. Vier neue U-Bahn-Linien gehen bis 1930 in Betrieb – bestehende Strecken werden verlängert. Für eine geplante städtische U-Bahn zwischen Treptow und Moabit werden sowohl am Potsdamer Platz als auch unter dem Moritzplatz Tunnelrohbauten als sogenannte Bauvorleistungen erstellt. Ebenso baut man rund um den Alexanderplatz weitere »Blindtunnel« für eine U-Bahn zwischen den Bezirken Weißensee und Steglitz. Aufgrund der Weltwirtschaftskrise werden diese Planungen jedoch alle zurückgestellt und auch später nicht mehr realisiert.
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