Zur medizinischen Grundversorgung der nördlich vor Berlin liegenden Gemeinden wurde 1908 bis 1910 nach Entwürfen der Architekten Carl Mohr (1878–1958) und Paul Weidner (1874–1954) das Verbandskrankenhaus Reinickendorf errichtet. Die Finanzierung erfolgte gemeinsam mit den benachbarten Gemeinden Tegel, Wittenau und Rosenthal sowie mit Unterstützung des Kreises Niederbarnim, die sich hierfür zu einem Zweckverband zusammenschlossen. Reinickendorf, das zu diesem Zeitpunkt rund 34.000 Einwohner zählte, hätte die benötigten finanziellen Mittel allein nicht aufbringen können.
Das 4,5 Hektar große Terrain lag seinerzeit noch zwischen Feldern und Wiesen inmitten einer landwirtschaftlich geprägten Umgebung. Nach seiner Fertigstellung zählte das Krankenhaus 200 Betten und bestand aus mehreren im Pavillonstil angelegten Gebäudekomplexen. Neben dem Rudolf-Virchow-Krankenhaus im Wedding zählte die Anlage vor dem Ersten Weltkrieg zu den modernsten Krankenhaus-Anlagen ihrer Art, war großzügig von einer parkartig angelegten Grünanlage umgeben und hatte soziale Reformbauten zum Vorbild.
1921, nach der Eingemeindung der nördlichen Vororte in die Stadt Berlin (Groß-Berlin), erfolgte die Umbenennung in »Städtisches Krankenhaus Reinickendorf«. In den 1920er Jahren begann dann die Bebauung der Umgebung. Als bekannteste Großsiedlung ist hier die »Weiße Stadt« zu nennen, die sich östlich und südlich direkt an das Krankenhausgelände anschließt. Sie wurde 1928 bis 1931 durch die Gemeinnützige Heimstättengesellschaft ‚Primus‘ mbH von den Architekten Bruno Ahrends, Wilhelm Büning und Otto Rudolf Salvisberg nach einem städtebaulichen Entwurf von Otto Rudolf Salvisberg erbaut und sollte mit ihren 1.600 Wohnungen dazu beitragen, die Wohnungsnot zu lindern. Die »Weiße Stadt« wurde 2008 als eine von sechs Großsiedlungen der Berliner Moderne in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Sie ist die letzte Siedlung der Klassischen Moderne, die in der Weimarer Republik errichtet wurde.
Im Dritten Reich wurde bereits im Frühjahr 1933 das gesamte Krankenhaus-Personal jüdischer Herkunft entlassen. Die Grundlage bildete das »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« vom 7. April 1933. 1935 erfolgte die Umbenennung der Klinik in »Städtisches Erwin-Liek-Krankenhaus«. Der konservative Arzt und Standespolitiker Erwin Liek (1878–1935) propagierte ein neues Arzttum mit einem besonderen Arzt-Patienten-Verhältnis. Schon 1926 begrüßte er Eugenik und Euthanasie: »Idioten und Epileptiker brauche man nicht in Musteranstalten zu pflegen, während gesunde Volksgenossen weder Obdach noch Arbeit fänden.« Die Reformbestrebungen Lieks wurden von den Nationalsozialisten als grundlegend für eine Erneuerung des ärztlichen Standes angesehen, obwohl Liek nie der NSDAP angehörte. Zwischen dem Erwin-Liek-Krankenhaus und den ebenfalls im Bezirk Reinickendorf gelegenen Wittenauer Heilstätten bestand eine enge Zusammenarbeit hinsichtlich der Zwangssterilisation behinderter Menschen.
Seit der Mitte der 1930er Jahre wurde der Ausbau des Krankenhauses vorangetrieben und Ende des Jahrzehnts erreichte die Bettenzahl bereits 290 Liegestellen. Den Zweiten Weltkrieg überstand der Krankenhaus-Komplex nur leicht beschädigt und wurde wohl gerade deswegen nach Kriegsende im August 1945 von der französischen Besatzungsmacht beschlagnahmt. Bis 1952 trug das nunmehrige Militärlazarett den Namen »Hôpital Militaire Louis Pasteur«. Nach Rückgabe an die Stadt Berlin folgte eine erneute Umbenennung in »Humboldt-Krankenhaus«. Der Krankenhausstandort blieb bis 1985 erhalten, dann folgte der Umzug in einen Neubau an der Straße Am Nordgraben in Borsigwalde. Heute sind in den meisten Gebäuden des Altkrankenhauses Dienststellen des Bezirksamtes Reinickendorf sowie verschiedene Sozialeinrichtungen untergebracht.
Nach den ersten Bombardierungen der Reichshauptstadt durch die Royal Air Force im August 1940 wurde durch Adolf Hitler der »Führer-Soforterlaß« angeordnet, auch bekannt als das »Bunkerbauprogramm für die Reichshauptstadt«. Innerhalb eines halben Jahres sollten durch den »Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt« (GBI) für knapp 200.000 Menschen Bunkeranlagen sowie zusätzlich »bombensichere Luftschutzräume für rund sieben Bahnhöfe« geschaffen werden. Am 25. Oktober wird durch Hermann Göring, dem Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe, der Soforterlass hinsichtlich »bombensicherer Schutzbauten für Krankenhäuser« ergänzt. Aufgrund von Arbeitskräfte- und Baustoffmangel werden schon im Dezember 1940 die ursprünglich geplanten 498 Bunker für die Zivilbevölkerung auf 365 reduziert und vier der vorerst begonnenen 27 Operationsbunker (projektiert sind insgesamt 34 OP-Bunker) in Krankenhäusern zurückgestellt.
In einer Meldung vom 10. Mai 1941 heißt es dann, dass von den zu diesem Zeitpunkt geplanten 316 Luftschutzbunkern für die Bevölkerung, die insgesamt 90.090 Personen schützen sollen, nur 58 Anlagen für 8.700 Personen fertiggestellt seien, 258 befinden sich noch im Bau. Hinzu kommen die Baustellen von sieben »Bunkern für Reichsminister und Botschafter« sowie elf vollendete und 20 begonnene Anlagen für den Werkluftschutz mit zusammen 10.750 Plätzen. Von den hier nun genannten 37 Operationsbunkern werden 25 als »im Bau befindlich« und lediglich zwölf als fertiggestellt klassifiziert. Am 19. November 1941 vermeldet Albert Speer (GBI), »daß nun 237 Bunker mit 59989 Liegestellen fertiggestellt, 53 Bunker mit 21000 Liegestellen im Bau und 100 Bunker mit rd. 94000 Liegestellen geplant sind.«
Das damalige Erwin-Liek-Krankenhaus erhielt einen OP-Bunker vom Typ A, errichtet durch die Baugruppe Pfeil des GBI. Weitere An- und Aufbauten sollten »nach dem Endsieg« vorgenommen werden. Die Rohbauabnahme erfolgte am 20. Februar 1942. Die Bauausführung oblag der Firma Betonbau-Krüger, welche noch am 16. April 1945 (!) eine Mahnung an die Amtskasse über 2.300 Reichsmark für Schutzbetonarbeiten an den OP-Bunkern schickte. OP-Bunker wurden in Berlin an 25 Stellen errichtet. Typ A war ein Standardbau mit einem OP-Saal. OP-Bunker wurden aber auch mit zwei OP-Sälen (Typ B1) und auch als Kreißbunker gebaut. Nachfolgend die Standortliste der OP-Bunker:
| 1 OP-Bunker I (Typ A) | umgebaut (Turmstraße 21) |
SB=Sonderbau (nicht typisiert); Kreiß-Bunker=Geburtenstation
Weitere OP-Bunker waren nachweislich geplant für die Charité (Hochbunker als Bettenbunker, drei Etagen), das St. Hedwig-Krankenhaus (Mitte), das Martin-Luther-Krankenhaus (Wilmersdorf) und DRK-Krankenhaus Drontheimer Straße (Wedding), kamen aber nicht mehr zur Ausführung.
Über die Nachkriegsnutzung des OP-Bunker Teichstraße gibt es nur wenige Informationen. Eine interessante Nutzungsidee findet sich in einem Schreiben vom 22. Januar 1958. Hier wurde durch die Krankenhausleitung des Humboldt-Krankenhauses beim Leiter des Gesundheitswesens angefragt, ob man den Bunker auf dem Gelände zur Ausnüchterung Betrunkener benutzen könne. Dies wurde befürwortet, wenn die Belegungszeit jeweils nicht mehr als acht bis zehn Stunden andauern würde. Nach dem Umzug des Humboldt-Krankenhauses in einen Neubau am Nordgraben wurde der Bunker bis Anfang der 1990er Jahre zur Einlagerung von Matratzen und Bettgestellen für den Katastrophenfall sowie als Lager für medizinischen Alkohol genutzt und stand danach leer.
Autor: Dietmar Arnold, Stand: 12. Dezember 2021
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