Der »Weiße Stier« vom Humboldthain

    Der »Weiße Stier«, erschaffen 1897–1900 vom Rixdorfer Bildhauer Ernst Moritz Geyger (1861–1941), wurde 1902 zur Kaiserzeit im Volkspark Humboldthain in Berlin-Wedding aufgestellt. Die aus weißem Marmor geschaffene Skulptur befand sich mitten im Park auf einem kleinen Hügel an der großen Wiese, wo ein kleines Rinnsal in einen Teich floss. Sie war einst ein beliebter Treffpunkt im Volkspark, speziell bei den Liebespärchen.

    Aufgrund eines kürzlich im Weddinger Kiezblatt brunnen-Magazin erschienenen Beitrages wurde Dietmar Arnold, Vorsitzender des Vereins, auf die Skulptur aufmerksam und machte sich zusammen mit der Archäologin Claudia Melisch an die Recherche. Bisher bestand die Annahme, dass diese aus Bronze gefertigt war und dann im Zweiten Weltkrieg für die Rüstungsproduktion eingeschmolzen wurde. Hoffnungen, dass der Marmor-Stier zum Schutz gegen Bomben vor Ort vergraben wurde, zerschlugen sich, als im Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz (bpk) ein Foto aus dem Jahre 1946 entdeckt wurde, welches die zerstörte Skulptur noch am alten Standort zeigt. Auf einem weiteren Foto war dann vermerkt: »Vor Ort vergraben.«

    Anfang 2022 wurde daher für die Stiersuche in Abstimmung mit dem Landesdenkmalamt Berlin eine Grabungsgenehmigung beim Bezirksamt Mitte beantragt. Im Februar erfolgten geophysikalische Untersuchungen im Zielgebiet durch das Büro für Geophysik Lorenz, bei denen vielversprechende Signale im Boden ermittelt werden konnten. Bei den anschließenden Sondagegrabungen wurde die Skulptur wiederentdeckt und vom 11. bis 13. April 2022 unter Leitung von Claudia Melisch komplett freigelegt. Nicht tief unter der Grasnarbe konnten sowohl der Sockel, auf dem der Stier ursprünglich aufgestellt war, als auch der Torso des Kunstwerks, der abgebrochene Kopf sowie Fragmente der Beine und der Ohren der Skulptur entdeckt werden.

    Am 13. Juni konnten wir zusammen mit der Archäologie, Restaurierung, der Transportfirma Altendorff und weiteren Helfer/-innen die drei großen Bruchteile (Torso, Plinthe und Kopf der Skulptur) erfolgreich bergen und überführen. Bei der Anschlussgrabung konnten leider keine weiteren Fragmente der Skulptur gefunden werden. Es bestand die Hoffnung noch Schnauze und weitere Beinteile zu finden. Die gesicherten Teile werden nun vorübergehend für Restaurierungsmaßnahmen und 3D-Vermessungen geschützt und gesichert gelagert.

    Dem anfänglichen Wunsch, die originale Skulptur vollständig zu restaurieren und der Öffentlichkeit am Originalstandort wieder sichtbar und zugänglich zu machen, konnte aufgrund des Verwitterungszustandes und allein des Gewichts der aufgefundenen Fragmente und der damit verbundenen unverhältnismäßig hohen Kosten nicht mehr entsprochen werden. Im Februar 2023 wurden daher der Torso, Kopf und Plinthe des »Weißen Stieres« auf dem Betriebshof des Straßen- und Grünflächenamtes Mitte (Volkspark Humboldthain) austariert, abgescannt (3D Lasercan) und die nötigen Stellen am Torso abgeformt. Mit den daraus resultierenden Abformungsergebnissen soll die Idee, eine Replika des Stieres zu schaffen und am Originalstandort aufzustellen, durch den Verein weiterverfolgt werden.
    Die einzigartigen originalen Fragmente der Marmorskulptur wurden am 21. Juni 2023 nach einem kurzen Transport durch die Firma Karl Altendorff im »Archäologischen Fenster« am Rand des Humboldthains aufgestellt, wo sie nun – gestützt durch eine filigrane Metallunterkonstruktion der Fa. Schmiede Dembowski und geschützt vor Witterung und Vandalismus – ihren endgültigen Auf- und Ausstellungsort gefunden haben.

    Wir bedanken uns ausdrücklich beim Bezirksamt Mitte von Berlin für die unkomplizierten und schnellen Genehmigungsverfahren, um das Vorhaben für unseren Bezirk im Volkspark zu realisieren!

    Spende:
    Wer unser Vorhaben weiter unterstützen möchte, kann dies unter dem Verwendungszweck »Rekonstruktion Weißer Stier« mit einer Spende tun.

    Zeitzeugen:
    Wir suchen im Zusammenhang mit der Wiederentdeckung des »Weißen Stieres« Zeitzeugen, die noch Fotos, Erinnerungen oder Informationen aus der Zeit von 1933 bis 1950 haben. Melden Sie sich bitte bei unserer Geschäftsstelle telefonisch unter (030) 49 91 05-17 oder per E-Mail buero(at)berliner-unterwelten.de.


    Nachtrag:
    Der aktuelle Fund stieß auf ein riesiges mediales Interesse. Leider haben einige Print-Medien aus dem Fund den »Hitler-Stier« und aus dem Bildhauer Geyger den »Hitler-Bildhauer« gemacht. Dies entspricht überhaupt nicht den historischen Tatsachen und muss daher dementiert werden:
    Ernst-Moritz Geyger wurde am 9. November 1861 in Rixdorf bei Berlin geboren und war weder ein »Hitler-Bildhauer« noch der Lieblingsbildhauer Adolf Hitlers. Geyger stand nie mit NS-Bildhauern wie Arno Breker und Josef Thorak auf einer Stufe. Er lebte und arbeitete ab 1895 in der Medici-Villa Marignolle bei Florenz/Italien, und hatte ein Schüleratelier in Florenz und unterhielt ein zweites Atelier in Berlin. Zur Jahrhundertwende kam er für vier Jahre wieder nach Berlin und dann noch einmal 1918 bis 1927 als Professor des Meisterateliers für Graphik an der Berliner Akademie der Künste. Seit 1927 lag sein ständiger Wohnsitz in Florenz. Er war 75 Jahre alt, als Hitler ihm 1936 einen Ehrensold verlieh. Geyger verstarb am 29. Dezember 1941 in Florenz. Er bekam noch einige Tage vor seinem Tod die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen. Die Stierskulptur ist bereits im Jahr 1902 aufgestellt worden, da war Hitler ein 13-jähriger Teenager.

    Pressestimmen (Auswahl)

    • »Verschollene Berliner Skulptur: Experten graben "Weißen Stier vom Humboldthain" aus« monopol Magazin, 13.4.2022: Zum Artikel
    • »Von zerstörten Kirchen, zugeschütteten Bunkern und einem wiedergefundenen Stier – Ein Porträt des Volksparks Humboldthain«, Kultur Mitte Magazin, Mai 2023: Zum Artikel
    • »Einstiges Wahrzeichen des Parks: Weißer Stier vom Humboldthain wird kopiert«, Blog weddingweiser, 23.2.23: Zum Artikel

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